Sonntag, 28. Februar 2010

Lesetipp: Iris Radisch, Die Schule der Frauen (Wie wir die Familie neu erfinden)


Die Schule der Frauen: Wie wir die Familie neu erfinden

... Ich gestehe freimütig: Ich habe die Sache vollkommen unterschätzt. Ich habe sechsunddreißig Jahre lang im 20. Jahrhundert gelebt. Ich war überhaupt nicht darauf vorbereitet, ein Kind und bald darauf noch ein Kind und sogar noch ein drittes Kind zu bekommen und mit jedem Kind ein Stückchen weiter in die Historie zurückgebeamt zu werden.


Das Zurückbeamen fängt langsam an. Zunächst merkt man überhaupt nichts. Das erste Kind ist da, und man ist hin und weg. Das erste Jahr vergeht wie im Rausch, mühsam, selig, verzweifelt, aber immer, auch im Unglück noch, gochgestimmt und euphorisch.


Dann kam das zweite Jahr. Ich fing wieder an zu arbeiten, von morgens bis abends achtzehn, manchmal neunzehn Uhr, wie das in vielen Berufen üblich ist.......


Das Buch von Iris Radisch erschien 2007, gelesen habe ich es erst vor wenigen Wochen.

Das Buch beleuchtet die aktuelle Situation von Frauen, welche Kinder und Beruf vereinbaren möchten. Es beschäftigt sich mit Gedanken über neue und notwendige Rollen- und Lebensmodelle für die Familie.

Für mich ist dieses Buch absolut lesenswert. Denn es zeigt auf, dass es bis jetzt noch keine wirklich gut lebbaren Modelle gibt, für Frauen, die beides haben wollen. Das die Gesellschaft es den Frauen sehr schwer macht, zugleich Mutter zu sein und beruflich erfolgreich. Das Familienleben nur stattfinden kann, wenn sowohl Mann als auch Frau mehr Zeit dafür haben.

Dieses Buch bedient keine eindimensionale Gedankengänge. Es spricht vieles klar und deutlich aus, was sich viele Frauen denken: "Das kann ja wohl noch nicht der Weisheit letzter Schluss sein".

Mein eigenes Muttersein hat auch meinen Blick auf diese Dinge stark geändert. Ich habe eine eigene Firma. Und das Glück das Töchterchens Papa sehr zeitflexibel ist. Ohne das ginge es nicht. Weiters bekomme ich viele Komplimente: Wie toll du das unter einen Hut bringst. Deine Tochter ist so fröhlich, so gut entwickelt. Super, dass du dennoch so viel Zeit für sie hast. .....

Das große Aber: ich selbst habe mich noch nie so um Energie ringend gefühlt. Für mich bleibt kaum Zeit. Weder zum Schlafen, noch zum Pflegen, noch zum Ausrasten. Die Nachmittage gehören meiner Tochter. Die Abende gehören wieder der Arbeit. Wir sind die typische städtische Kleinfamilie. Kaum Verwandte rundherum, bzw. keine die sich auch aktiv einbringen möchten. Ein wenig neidisch (aber natürlich vergönnend) schielen wir manchesmal auf die wenigen Bekannten, wo die Großeltern sich tatsächlich familiär beteiligen.

Und alle, wirklich alle Frauen rund um mich, die auch Mütter sind, erbringen Höchstleistungen. Ob sie in der gleichen Situation sind wie ich, und auch berufstätig oder selbständig sind. Oder den Mann frühestens um 19 Uhr am Abend sehen, wenn sie das Glück haben dass er nicht auf mehrtägigem Auslandmeeting ist. Oder die alleinerziehende Mutter, die noch einmal mehr gefordert ist, die ganzen Anforderungen zu bewältigen.

Hätte ich irgendwo noch ein Fitzelchen Zeit, würde ich mich frauen- und familienpolitisch stark machen. Denn diejenigen, die diese Anforderungen aus der Innensicht kennen, sind ganz sicher zu wenig politisch vertreten. Aber wie auch? Sie sind ja mit anderem beschäftigt ......

1 Kommentar:

  1. Wie wahr, wie wahr. Magst mir das Buch borgen? Danke für deine Inspirationen.

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